„Die bevorzugte Art, mit Bildern umzugehen, reflektiert eine fundamentale Strukturierung des Denkens. Sucht man nach einem gemeinsamen Nenner, der den Umgang der interkulturellen, aus Rumänien stammenden Autoren der Frühmoderne (1900-1950) mit der Fotografie definieren kann, so ist es der Pluriperspektivismus: Tristan Tzara richtete seine Instrumentalien poetischen Ausdrucks nach der abstrakten Visualität von Man Rays Fotogrammen, Max Blecher verfasste Beschreibungen, die an surrealistische Fotocollagen erinnerten, Paul Celan experimentierte mit den Ausdrucksmitteln der rumänischen Sprache, welche die Bildhaftigkeit surrealistischer Collagen übertrugen, Gregor von Rezzori inszenierte literarisch seine Erinnerungen an Czernowitz nach filmographischem Vorbild. Herta Müller scheint, als Fortsetzerin dieser Autorenlinie, dieselbe Neigung zur komplexen Inszenierung der Bildhaftigkeit in ihrer Literatur der Neunziger Jahre aufzuweisen: In ihrem Essay, In jeder Sprache sitzen andere Augen, erreicht sie anhand von literarischen Techniken dieselben Auswirkungen, welche die surrealistischen Bildinszenierungen am Anfang des rumänischen 20. Jahrhunderts gehabt haben. Eine evidente Überdeckung der visuellen Plurivalenz und der Mehrsprachigkeit ist in diesem letzten Fall festzustellen, die im Essay allerdings auch thematisch ist: Gern spielt die Autorin mit metaphorischen Bildkonstruktionen des Surrelismus. Die Antwort auf die Frage nach der Vorliebe dieser Autoren für die visuelle Plurivalenz mag mit ihrem direkten oder indirekten Kontakt zu den Avantgardebewegungen des anfangenden 20. Jahrhunderts und zudem auch vielleicht mit dem Funktionieren ihres mehrsprachigen Denkens zusammenhängen.“
Literatur und fotografie (1900-1950). Aufbruch zwischen Ost und West
Autor | HERGHELEGIU RALUCA |
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Format | 13 x 20 cm |
Anul | 2018 |
ISBN | ISBN: 978-606-17-1269-4 |
pagini | 198 |
stoc | stoc epuizat |
Stoc epuizat
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